Quelle: Peter Glockner
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Fräulein Else | Arthur Schnitzler
R.M. Productions
Else bekommt im Urlaub einen Express-Brief ihrer Mutter, in dem sie gebeten wird, den reichen Kunsthändler Dorsday um ein Darlehen zu bitten, da Elses Vater sonst vor der Verhaftung stehe. Dorsday willigt ein, fordert aber als Gegenwert die Erlaubnis, Else nackt betrachten zu dürfen. Würde sie das Angebot Dorsdays ablehnen, müsste sie ihren Vater seinem Schicksal überlassen. Das Eingehen auf das Angebot käme einer Selbstprostitution und damit der Aufgabe selbstbestimmten Verfügens über den eigenen Körper gleich.In dieser Konfliktsituation, in der Else in ständiger Gedankenvariation ihren Handlungsspielraum auslotet, zeigen sich weitere Aspekte von Elses Begehren - Todessehnsucht und exhibitionistische Wünsche, Liebesbedürftigkeit und kaum eingestandenes Emanzipationsstreben. In Elses lustvoller Imagination öffentlicher Exhibition und gleichzeitig schamhafter Abwehr einer erzwungenen Entblößung wird der Zusammenhang zwischen männlicher Dominanz über das Weibliche und einem sich dagegen wehrenden weiblichen Emanzipationsstreben sichtbar. In ihrer überraschenden Entscheidung verbindet sich die exhibitionistische Sehnsucht mit dem von Dorsday ausgeübten Entblößungs-Zwang.
Die Frage nach, wann Missbrauch oder Prostitution beginnt, stellt der Regisseur Peter Glockner, indem er die Schnitzlersche Novelle zu einem Theaterstück umarbeitet und auf die Bühne bringt. Durch die Szenische Rollenverteilung wird in der Inszenierung ersichtlich, dass es nicht nur die psychologischen Zwänge von Else sind, die den Reigen vorantreiben, sondern eben auch unser Umfeld, das zu Dingen drängt und treibt, die wir für politisch inkorrekt halten müssen; sie aber dennoch betreiben.
Regie: Peter Glockner
Bühne: Friedbert Rupp
Es spielen: Olivia Beck, Ronnie Janot, Stephanie Ott, Ulrike Schneider, Laura Schulz, Patricia von Miserony, Gianni von Weitershausen
8. März 2018
Theaterforum Kreuzberg